Klaut mir ein Roboter meinen Job?

Was halten Sie von Ihrer HR-Abteilung? Welche Begriffe fallen Ihnen spontan ein, welche Bilder entstehen instinktiv vor Ihrem inneren Auge?  Kommen Ihnen dabei negativ konnotierte Schlagworte wie „Verwalter“, „Blockierer“ oder „Langweiler“ in den Sinn? Da sind Sie nicht alleine.

Wie HR eine saubere Transformation realisieren kann

– Ein Artikel von HR-Berater, Trainer und Coach Robert Fieser über die notwendigen Veränderungen in den Personalabteilungen, um den Aufgaben rund um New Work und dem technischen Fortschritt gewachsen zu sein. – Download: Klaut mir ein Roboter meinen Job?

Bei einem Networking Event machte vor einiger Zeit ein Bekannter von mir seinem Ärger Luft: „Ich hasse unsere HR Abteilung, ich hasse HR generell!“. Diesen Satz hat er im Übrigen mehrmals an jenem Abend wiederholt. Das mag einerseits an den diversen Bieren gelegen haben, die er zu diesem Zeitpunkt bereits konsumiert hatte. Andererseits aber auch einfach daran, dass er diese tiefe Abneigung gegenüber dem HR-Bereich in seinem Unternehmen tatsächlich empfindet. Da ich ihn bereits länger kenne und als recht trinkfest in Erinnerung habe, tendiere ich zu Letzterem.

Zuerst beschlich mich aufgrund seiner Wut auf HR irgendwie ein seltsames Gefühl. Ja, vermutlich war ich sogar ein wenig gekränkt. Schließlich bin ich selbst beruflich als Berater im HR-Umfeld tätig und hege eine Passion für dieses Berufsfeld.

Mein zweiter Gedanke war allerdings, dass HR in der eigenen Belegschaft unternehmens- und branchenübergreifend oft ein negatives Image hat. Folglich wird die Abneigung meines Bekannten gegenüber der Personalabteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer nicht unbeachtlichen Anzahl an Mitarbeitern in diversen Unternehmen geteilt.

Mehr Positivität & Optimismus aus den HR Abteilungen

Unternehmen und Ihren HR-Bereichen sollte dieser Umstand zu denken geben und sie sollten sich zeitnah und intensiv mit der Thematik auseinandersetzen. Denn angesichts der rasanten Transformation der letzten und der kommenden Jahre, verursacht durch Digitalisierung, Generationenwechsel und Wandel im HR-Bereich, dürfte es mittlerweile eigentlich überhaupt keine HR-Abteilung mit einem solch schlechten Image mehr geben. Eigentlich müsste gerade der Personal-Bereich vor Energie, Positivität, Unternehmergeist und Strahlkraft nur so sprühen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. HR-Abteilungen sind folglich aufgefordert, sich neu aufzustellen und ihr Negativimage abzustreifen.

Selbst in einem ideal besetzten HR-Bereich eines Unternehmens gäbe es immer noch sehr viel zu tun. Die aktuelle HR-Transformation hält ohnehin eine Vielzahl an Herausforderungen für uns HR Professionals bereit. Transformationsfaktoren wie beispielsweise der demographische Wandel und die Einbindung neuer Generationen, die Digitalisierung von Prozessen, globale Einflussfaktoren sowie der Mangel an Talenten und Nachwuchskräften erzeugen Veränderungsdruck und müssen angegangen und gemeistert werden. Vorausgesetzt, das Unternehmen möchte eine wettbewerbsfähige Belegschaft rekrutieren, entwickeln und binden. Was doch aber Ziel jedes Unternehmens sein sollte.

Künstliche Intelligenz als Freund oder Feind?

Eines der spannendsten und zugleich beängstigendsten Themen im Umfeld dieser Transformation stellt gewiss das der Artificial Intelligence (AI)[1] und Robotic Process Automation (RPA)[2] dar. Diese Bereiche verzeichnen derzeit enorme Entwicklungsfortschritte. Physische Roboter werden immer alltagstauglicher und können sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich sukzessive mehr und mehr Aufgaben übernehmen und Menschen damit unterstützen. In der Industrie, wie beispielsweise bei der Automobil-Produktion, ist dies ja bereits seit Langem der Normalfall. Außerdem können Software-Roboter mittlerweile sowohl repetitive Aufgaben übernehmen, als aber auch menschliches Verhalten simulieren. Man denke nur an die mittlerweile große Anzahl von Social Media Bots[3], denen zugetraut wird, die öffentliche Meinung derart zu lenken, dass bereits der Ausgang ganzer Präsidentschaftswahlen dadurch beeinflusst wurde.

Diese Entwicklung erstreckt sich nicht nur auf einfachste Fließbandarbeiten. In immer mehr Anwendungsfällen und auch ganzen Berufszweigen können Menschen durch Roboter und automatisierte Prozesse unterstützt, aber eben auch abgelöst werden. So könnten in Zukunft in HR-Bereichen gewisse Tätigkeiten im Recruiting und der Verwaltung komplett automatisiert durch Software erledigt werden, wodurch beispielsweise der Beruf des Personalsachbearbeiters in vielen Teilen obsolet werden würde. Aber auch diverse Vertriebstätigkeiten oder Assistenzaufgaben, wie die Terminkoordination oder das Travel Management, könnten von Software-Robotern autonom übernommen werden. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, unter anderem mit Arbeiten in Beschaffungsprozessen, an der Supermarktkasse bzw Hotelrezeption oder mit Aufgaben des klassischen Call-Center-Agenten. Bereits heute kann man in einigen Ländern (z.B. in Japan) bei einem Roboter am Frontdesk in sein Hotelzimmer einchecken[4]. Gängiger dürfte jedem von uns beispielsweise der Self-Check-Out der Waren bei Ikea sein. Das gleiche Modell des „Sich-Selbst-Abkassierens“ findet zudem seit Längerem in amerikanischen Supermärkten und Apotheken Verwendung[5]. Je nach technologischem Fortschritt werden in Zukunft auch zunehmend anspruchsvolle Tätigkeiten durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz stark beeinflusst oder ganz abgelöst. So können Unternehmen diese Artificial Intelligence zum Beispiel für eigene Entscheidungsprozesse nutzen.

Kostenreduktion vs. Menschlichkeit

Diese Entwicklung birgt natürlich sowohl Vorteile als auch Nachteile. Positiv ist sicherlich zu sehen, dass es zu einer Reduktion von Administrationsaufwänden kommen wird und dass Prozesse effizienter und kostensparender gestaltet werden können. Gegebenenfalls werden auch durch Programme und künstliche Intelligenz gesteuerte Entscheidungen an manchen Stellen valider ausfallen. Negativ ist es auf der anderen Seite zu sehen, dass die Unterstützung durch Roboter und andere autonome Systeme zu einer Verringerung der sozialen Interaktion zwischen Menschen führen wird. Eine solche Entwicklung erscheint insofern befremdlich, als dass die Rolle und die Bedeutung des Menschen und seiner Fähigkeiten stetig abnehmen. Indem der Mensch als täglicher Interaktionspartner ersetzt wird, geht schließlich viel menschliche Wärme im Alltag verloren.

Einige visionäre Filmemacher skizzieren durchaus auch risikobehaftete Zukunftsszenarien bezüglich Roboter und ausgeklügelter Computer- und Maschinen-Systeme. Können Sie sich beispielsweise noch an die Matrix Trilogie[6] erinnern oder an den Film „I,Robot“[7] mit Will Smith? Das sind Beispiele für Zukunftsvisionen, in denen Maschinen und Roboter so stark mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet wurden, dass sie den Menschen selbst gänzlich zu verdrängen drohen. Nun zeichnen solche Filme natürlich Extremvarianten von Szenarien. Und dennoch sind die rasanten Entwicklungen in der Automatisierung und bei der Künstlichen Intelligenz tatsächlich real und sie kommen mit ziemlich großer Geschwindigkeit auf uns zu.

Gewinner und Verlierer der Künstlichen Intelligenz

Aber was heißt das nun für HR? Meines Erachtens folgt daraus, dass HR zeitnah analysieren muss, welche Auswirkungen diese technologischen Entwicklungen auf das Rekrutieren, das Weiterbilden und das Binden von Mitarbeitern sowie auf die Nachfolgeplanung in ihrem Unternehmen haben. HR muss dann darauf basierende Maßnahmen ableiten sowie eine entsprechende strategische Personalplanung vorantreiben und ausführen. Wir als HR Professionals müssen akzeptieren, dass einige und vielleicht sogar viele Mitarbeiter ihre jetzigen Jobs verlieren werden. Auf der anderen Seite werden durch den technischen Fortschritt auch neue Jobs für diese Mitarbeiter entstehen. Somit besteht die Chance, die frei gewordenen Kapazitäten auf die neu entstehenden Stellen umzuschulen, wenngleich möglicherweise nicht alle Kollegen umgeschult werden können oder wollen. Daher ist auch damit zu rechnen, dass einige Kollegen das Unternehmen verlassen werden. Schließlich werden neue Mitarbeiter rekrutiert, um die entstandenen Lücken an qualifizierten Experten für die neuen Jobs zu schließen. Und zuletzt müssen neue Schlüsselpositionen für die neuen technischen Jobs geschaffen und in den Talent- und Nachfolge-Prozess des Unternehmens eingebunden werden – Stichwort Talent Pipeline.

Um dieser wichtigen Verantwortung gerecht zu werden, muss die Unternehmensführung die Relevanz dieser Veränderungen erkennen, ihre HR-Strategie entsprechend ausrichten und dem HR-Bereich in der Umsetzung den Rücken stärken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass HR dabei drei wesentliche Aspekte zu beachten hat:

  • Die verwaltende Mentalität im HR muss weichen.

Die Zeiten von „angestaubten Verwaltungsbeamten“ im HR sind vorbei.

  • HR benötigt moderne Ansätze, ein modernes Image und moderne Mitarbeiter.

Die HR-Bereiche in Unternehmen müssen modernisiert werden und ein zeitgemäßes Image erhalten. HR-Mitarbeiter müssen diese Modernität leben und ein modernes Image prägen.

  • Die besten HR-Pioniere gewinnen

HR muss nicht nur für das Unternehmen die besten Talente gewinnen, sondern vor allem auch für den HR-Bereich selbst.

Unternehmen, die die obigen Aspekte verstanden haben und denen es gelingt, ihre HR Strategie entsprechend anzupassen, werden einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erreichen. Über ihre HR-Pioniere können sie eine Can-Do-Mentalität und Technik-Affinität ins Unternehmen tragen. Und gleichzeitig wird eine kluge Unternehmensführung dafür sorgen, dass kein Roboter irgendeinen Job „klaut“. Vielmehr wird sie zusammen mit ihrer transformierten HR-Abteilung einen Job-Shift für gefährdete Stellen meistern und Mitarbeiter aus abgelösten Jobs in neue Stellen transferieren.

Wenn Sie in einigen Jahren noch einmal jemand danach fragt, welche Meinung Sie von Ihrer HR-Abteilung haben, dann wünsche ich Ihrem Unternehmen, dass Ihnen (anders als heute) Begriffe einfallen wie „Innovatoren“, „Macher“ und „Begeisterer“.

Und wenn dann mein Bekannter in ein paar Jahren bei unserem nächsten Aufeinandertreffen nach vier bis fünf Bier mit mir über das Thema HR spricht, wird er dieses Mal hoffentlich sagen: „Ich liebe meine HR Abteilung… ich liebe HR generell… Gott, wie ich HR liebe!“.

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